Amtshandlung gegen Grüne Abgeordnete Maurer

Rund um die Regenbogenparade kam es auch zu Zwischenfällen mit der Polizei.
Kritik an Verhalten der Polizei, die die Vorwürfe nun überprüfen wird.

Im Zuge des "Marsches für die Familie", der am Samstagnachmittag zeitgleich mit der Regenbogenparade stattfand, sowie der Gegendemonstration der jungen Linken ist es auch zu einer Amtshandlung gegen die Grüne Nationalratsabgeordnete Sigrid Maurer gekommen. Maurer beklagte in ihrem Blog eine brutale Identitätsfeststellung, die Polizei kündigte an, die Vorwürfe zu überprüfen.

Ort des Geschehens sei die Schlusskundgebung des "Marsches für die Familie" am Wiener Minoritenplatz gewesen, berichtete Maurer. Die Veranstaltung habe sich bereits aufgelöst gehabt, als sie die Identitätsfeststellung bei mehreren Personen beobachtete. Sie sei auf die Polizisten zugegangen, habe sich als Nationalratsabgeordnete zu erkennen gegeben und gefragt, was den Demonstrationsteilnehmern vorgeworfen werde. Die Beamten hätten sie jedoch nicht durchgelassen.

Vorwürfe von Maurer

Amtshandlung gegen Grüne Abgeordnete Maurer
Die ehemalige ÖH-Vorsitzende Sigrid Maurer kandidiert auf Platz sechs der Bundesliste der Grünen für die Nationalratswahl 2013. Wien, 12.08.2013.
"Der Beamte sagte 'Gut, dann nehmen wir Sie auch mit', drehte mir gleichzeitig den rechten Arm auf den Rücken und bugsierte mich in Richtung der Polizeiwägen", schrieb Maurer. Danach sei ihre Identität festgestellt und der Vorwurf "Störung einer Versammlung" erhoben worden. Erst dann sei sie als Nationalratsabgeordnete erkannt worden, was danach von einem Beamten des Verfassungsschutzes bestätigt worden sei.

"Ich wurde weder aufgefordert mich auszuweisen, noch wurde ich aufgefordert mitzukommen - der Beamte drehte mir ohne Vorwarnung meinen Arm auf den Rücken und brachte mich stolpernd zu den Polizeiwägen", fasste Maurer zusammen. Sie habe außerdem keine Information zu den Dienstnummern der Beamten erhalten.

Polizei weist Vorwürfe zurück

Etwas anders sehen die Ereignisse in der Schilderung der Polizei aus: Die Beamten hätten bereits während des Zusammentreffens des "Marsches für die Familie" mit der Gegendemonstration Maurer - die sie jedoch nicht als Nationalratsabgeordnete erkannten - unter den Protestierenden gesehen. "Sie hat sich gegen Beamte gelehnt und den Marsch blockiert, also eine Störaktion gesetzt", so eine Sprecherin der Polizei. Dann sei sie in der Menge verschwunden.

Am Minoritenplatz hätten die Beamten Maurer, die sich im Zuge anderer Identitätsfeststellungen nach der Rechtmäßigkeit der Amtshandlungen erkundigte, dann als Störerin von zuvor erkannt und sie zur Identitätsfeststellung aufgefordert. "Zu diesem Zeitpunkt hat sie versucht, sich zu entfernen", erklärte die Sprecherin. Der Polizeibeamte habe versucht, sie an der Flucht zu hindern und daher ihren Arm ergriffen, während sich Maurer von ihm weggedreht habe. Erst bei der erneuten Identitätsprüfung habe sie sich als Nationalratsabgeordnete zu erkennen gegeben und einen Studentenausweis hergezeigt. Ein Mitarbeiter der Verfassungsschutzes habe ihre Identität dann bestätigt, sie sei freigesetzt worden.

Laut Polizei liegt keine strafrechtliche Anzeige vor, da Maurers Immunität als Nationalratsabgeordnete greift. Maurer kündigte hingegen die parlamentarische Bearbeitung der Vorgänge durch den grünen Justizsprecher Albert Steinhauser an.

Polizei überprüft Vorwürfe

Am Dienstag kündigte die Polizei an, den Fall zu überprüfen. Die Landespolizeidirektion Wien leitet nun Erhebungsmaßnahmen ein. "Die Wiener Polizei nimmt jeden Misshandlungsvorwurf ernst", hieß es in einer Aussendung. Neben internen Ermittlungen werde man auch die Nationalratsabgeordnete zur schriftlichen Einvernahme einladen und sie bitten, allfällige Beweismittel einzubringen, teilte die Polizei mit. So wolle man den Sachverhalt möglichst rasch feststellen und zur weiteren Beurteilung der Staatsanwaltschaft Wien übermitteln. Auch dienstliche Maßnahmen wurden nicht ausgeschlossen.

Zwei Gegenveranstaltungen zur Wiener Regenbogenparade haben am Samstagnachmittag in der Wiener Innenstadt einen größeren Polizeieinsatz ausgelöst. Fünf linke Aktivisten, die mit einer Sitzblockade gegen den "Marsch der Familie" protestierten, der jährlich von fundamentalen Christen abgehalten wird, wurden vorübergehend festgenommen.

Im Bereich Stephansplatz hatten zwei angemeldete Kundgebungen stattgefunden. Laut Wiener Landespolizeidirektion fanden sich bei der Pestsäule 50 bis 60 Personen ein, die sich gegen die gesellschaftliche Gleichstellung von Homosexuellen und das Recht auf Abtreibung versammelt hatten. Am Stock-im-Eisen-Platz demonstrierten unter dem Motto "Love Sexuality - Fight Sexism" der Polizei zufolge 200 Aktivisten gegen den "Marsch der Familie".

"Störung einer Versammlung"

Angaben der Exekutive zufolge sollen einige linke Aktivisten versucht haben, den "Marsch der Familie" zu stören. Polizeibeamte schritten ein. "Es wurde massiv blockiert", so Barbara Riehs, Sprecherin der Wiener Landespolizeidirektion gegenüber der APA. Fünf Personen, die sich dabei besonders hervorgetan haben sollen, seien aufgrund des strafbaren Tatbestands "Störung einer Versammlung" (§ 285 Strafgesetzbuch) schließlich angehalten und vorübergehend festgenommen worden, weil sie sich angeblich zunächst weigerten, an ihrer Identitätsfeststellung mitzuwirken.

VSStÖ über neonazistische Flyer empört

Als dies geklärt war, wurden die Aktivisten - vier deutsche und ein österreichischer Staatsbürger - angezeigt und danach auf freien Fuß gesetzt. Für den Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) stellt das Vorgehen der Polizei dessen ungeachtet einen "Skandal" dar, wie in einer Presseaussendung mitgeteilt wurde. Man sei gegen friedliche Demonstranten vorgegangen, die sich gegen Homophobie, Sexismus und die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung gewandt hätten, so VSStÖ-Vorsitzende Jessica Müller. Demgegenüber sei die Polizei untätig geblieben, als unter den christlichen Fundamentalisten neonazistisches Material kursierte.

Dem VSStÖ zufolge wurden im Bereich der Pestsäule nämlich Flyer verteilt, in denen die Abschaffung des Verbotsgesetzes und der Anschluss Österreichs an Deutschland gefordert wurde. Polizeisprecherin Riehs bestätigte am Sonntag, dass ein rechtsgerichteter Folder vor Ort von einer Passantin dem Einsatzleiter der Polizei übergeben wurde. Umgehend wären Beamte des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) eingeschritten. Es habe sich jedoch "kein Hinweis" ergeben, dass abgesehen von diesem einen Exemplar weiteres bedenkliches Material weitergereicht wurde, sagte Riehs. Die Frau, die an den Einsatzleiter herangetreten war, sei außerdem unmittelbar danach verschwunden gewesen.

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